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Unterrichtsideen

II. Von Werten und Welten: Wie Spiele Ethik und Weltverständnis beeinflussen

Digitale Spiele haben einen starken Einfluss auf das Weltverständnis der Spielenden, indem sie Werte, Normen und Stereotype transportieren. Häufig reproduzieren sie klischeehafte Darstellungen von Geschlechterrollen, in denen „typisch“ männliche oder weibliche Eigenschaften und Verhaltensweisen verstärkt werden. Ebenso finden sich stereotype Darstellungen von ethnischen, kulturellen oder sozialen Gruppen, die bestehende Vorurteile und Diskriminierungen in der Gesellschaft widerspiegeln oder sogar verstärken können.

Ein Spiel kann Werte – positive wie auch negative – als nachahmenswert präsentieren: So belohnt die Spielmechanik eines Spiels bestimmte Spielhandlungen und andere wiederum nicht. Der Spielende muss fortwährend entscheiden, was getan werden muss, um im Spiel erfolgreich zu sein. Damit sind immer auch ethische Entscheidungen angesprochen, die aufgrund der Spielmechanik als „erfolgreich“ oder „normal“ erscheinen. Digitale Spiele können auf diese Weise auch in ethischer Hinsicht Rückwirkungen auf die Einstellungen und Haltungen von Jugendlichen haben.

Die hier versammelten Unterrichtsvorschläge unterstützen daher die Schülerinnen und Schüler dabei, Spieleinhalte kritisch zu analysieren und ein Bewusstsein für deren Auswirkungen auf ihre Wertvorstellungen zu entwickeln. Anhand der Untersuchung von Spielfiguren lernen sie, Klischees und Stereotype sowie ihr Verhältnis zur Wirklichkeit zu reflektieren. Sie werden dazu angeleitet, die symbolische Welt der Spiele sowie ihre Belohnungssysteme nach ethischen Kriterien zu bewerten und der Frage nachzugehen, welchen Einfluss die repräsentierten Werte der Spielwelten auf ihr reales Leben haben.

Kompetenzerwerb im Überblick

An der Gesellschaft aktiv teilhaben
Medienerfahrungen weitergeben und in kommunikative Prozesse einbringen

Sicher in digitalen Umgebungen agieren
Risiken und Gefahren in digitalen Umgebungen kennen, reflektieren und berücksichtigen

Medien analysieren und bewerten
Wirkungen von Medien in der digitalen Welt analysieren und konstruktiv damit umgehen

Medien in der digitalen Welt verstehen und reflektieren
Chancen und Risiken des Mediengebrauchs in unterschiedlichen Lebensbereichen erkennen, eigenen Mediengebrauch reflektieren und ggf. modifizieren

Hinweis: Nähere Informationen zu den Kompetenzbereichen und dem Unterrichtsmaterial finden Sie in der „Didaktischen Landkarte“ im Bereich „Didaktik“

Mögliche Weiterführung des Themas

Für die Weiterführung und Vertiefung des Themenaspektes Stereotype und Klischees stehen ihnen Unterrichtsideen aus anderen Medienpaketen der Schule des Hörens und Sehens zur Verfügung:

Geschlechterstereotype sind sexy: Wo hört der Film auf und fängst du an?
www.medienschutz.schule-des-hoerens-und-sehens.de/unterricht/iv-geschlechterstereotypen-sind-sexy

Inszenierte Schönheit: Selbstbewusst medial vermittelten Schönheitsbildern begegnen können
www.understanding-media.schule-des-hoerens-und-sehens.de/unterricht/inszenierte-schoenheit

Wie Influencer beeinflussen. Werbung, Klischees und der Schein des Authentischen
www.online-werbung.schule-des-hoerens-und-sehens.de/unterricht/wie-influencer-beeinflussen

Unterrichtsvorschläge

  • 1.) Digitale Spiele: Stereotype und Realität (90-135 Min. bzw. 2-3 x 45 Min.)

    In diesem Unterrichtsangebot werden die Darstellungen von Spielfiguren untersucht, um Stereotype und Geschlechterbilder in digitalen Spielen sowie deren Verhältnis zur gesellschaftlichen Realität mit den Schülerinnen und Schülerinnen zu reflektieren.

    Nach einer kurzen Erläuterung des Unterrichtsvorhabens kann als Einstieg mit einem kurzen interaktiven Spiel zu Geschlechterstereotypen begonnen werden. In dem Spiel reflektieren die Schülerinnen und Schüler über Geschlechterstereotype, indem sie stereotype Aussagen entweder dem Plakat "Typisch Frau/Mädchen" oder dem Plakat "Typisch Mann/Junge" zuordnen. Nach der Zuordnung werden die Gründe für ihre Entscheidungen diskutiert und mögliche Vorurteile hinterfragt. Hierbei kann auch schon auf Stereotype eingegangen werden, die in Spielen und Medien eine Rolle spielen. In der Information für die Lehrkraft ist eine kurze Spielanleitung zu finden.

    Anschließend kann in der Klasse das Video „Stereotype einfach erklärt“ gezeigt werden. In ihm wird in einfacher Sprache zusammengefasst, was Stereotype sind und woran man sie erkennt. In einer kurzen Anschlusskommunikation können offene Fragen der Schülerinnen und Schüler geklärt werden, so dass eine Grundlage besteht, digitale Spiele hinsichtlich stereotyper Darstellungen zu untersuchen.

    Anschließend werden die Schülerinnen und Schüler nach digitalen Spielen gefragt, die sie selbst interessant finden oder auch selbst spielen. Aus den genannten Spielen werden vier Spiele zur weiteren Bearbeitung ausgewählt. Gegebenenfalls kann zur Auswahl auch eine Abstimmung in der Klasse durchgeführt werden. Die Schülerinnen und Schüler erhalten nun den Auftrag, zu Spielfiguren, die sie gut oder interessant finden, einen Steckbrief zu erstellen. Der Steckbrief soll eine grafische Abbildung der Spielfigur enthalten sowie zentrale Eigenschaften der Figur benennen (z. B. Hauptfigur, Held, Bösewicht oder stark, schwach, schlau, nett etc.). Die grafische Abbildung der Spielfigur soll mit einem Screenshot von der Website des entsprechenden Spiels genommen werden. Für die Erstellung der Steckbriefe erhalten die Schülerinnen und Schüler das Aufgabenblatt „Steckbrief Spielfigur“ mit einer Anleitung.

    Hierfür wird die Klasse in Arbeitsgruppen mit jeweils zwei Schülerinnen und Schüler eingeteilt. Jeder Arbeitsgruppe wird ein Spiel zugewiesen – im besten Falle ein Spiel, das zumindest ein Teil der Mitglieder der Arbeitsgruppe kennt. Die Schülerinnen und Schüler, die das Spiel kennen, können es dann gegebenenfalls den anderen beschreiben, die es noch nicht kennen. Jede Arbeitsgruppe sucht eine Spielfigur aus ihrem Spiel aus und erstellt den entsprechenden Steckbrief.

    Die erarbeiteten Steckbriefe werden schließlich im Plenum vorgestellt. Die Arbeitsgruppen erläutern, wer die jeweilige Spielfigur ist, welche Rolle und Bedeutung sie im Spiel hat und durch welche Eigenschaften sie sich auszeichnet. An dieser Stelle werden die Ergebnisse noch nicht diskutiert.

    Die Steckbriefe mit den abgebildeten Spielfiguren werden nun auf den Boden gelegt und nach Gruppen geordnet. In einem ersten Durchgang wird noch kein Ordnungskriterium vorgegeben. Die Schülerinnen und Schüler sollen sich vielmehr frei und intuitiv entscheiden, welche Gruppen sie für die Steckbriefe bilden. Auf diese Weise kann deutlich werden, welche Merkmale der Spielfiguren für die Schülerinnen und Schüler von Relevanz sind, welche Vorannahmen und Vorstellungen gegenüber verschiedenen Menschengruppen hierbei eine Rolle spielen und inwiefern Stereotype ausschlaggebend für die Einordnung sind. Es wird nun gemeinsam reflektiert, nach welchen Kriterien die Schülerinnen und Schüler die Gruppenbildung vorgenommen haben und was besonders auffallend ist: z. B., wie männliche und weibliche Figuren verteilt sind, dass ggf. viel mehr männliche als weibliche Figuren vorhanden sind, dass ggf. nur die männlichen Figuren in der Gruppe „Held“ eingeordnet sind oder dass ggf. ausschließlich nur heteronormative Figuren zu sehen sind etc. Diese Auffälligkeiten können zum Anlass zur vertiefenden Reflexion über Geschlechtervorstellungen und Klischees in digitalen Spielen genommen werden. Von der Lehrkraft können im Anschluss noch weitere Ordnungskriterien eingebracht werden – Gegensatzpaare wie z. B. „stark-schwach“, „gut-böse“ oder „binäre-non-binäre Geschlechterbilder“ etc. – mit dem Ziel, anhand unterschiedlicher Kategorisierungen Klischees und Stereotype deutlich werden zu lassen. Zur Unterstützung steht hierfür die Information für die Lehrkraft „Stereotype und Spielfiguren“ mit Vorschlägen zur Verfügung. Vor diesem Hintergrund wird abschließend die Frage diskutiert, inwiefern die Spielfiguren mit der Realität übereinstimmen, was künstlich und unrealistisch an ihnen ist, welche Darstellungsformen ggf. diskriminierend sind und wie das bewertet werden sollte. Optional kann die Lehrkraft die Lernergebnisse der Schülerinnen und Schüler vor der Klasse auch visualisieren (Plakat, Smartboard, Padlet o.Ä.). Hierbei können Einsichten der Schülerinnen und Schüler zu möglichen eigenen stereotypen Vorstellungen, zur Machart stereotyper Darstellungen in Spielen oder zum Verhältnis stereotypischer Darstellungen und der gesellschaftlichen Wirklichkeit dokumentiert werden.

  • 2.) Digitale Spiele nach ethischen Kriterien bewerten (180 Min. bzw. 4 x 45 Min.)

    Das Thema dieser Unterrichtseinheit sind die immersiven Welten digitaler Spiele, welche Werte in diesen Welten vermittelt werden und welche Auswirkungen dies auf die Wertvorstellungen der Spielenden haben kann.

    Nach einer kurzen Einführung in das Thema werden in der Klasse 4-5 digitale Spiele ausgesucht, die von den Schülerinnen und Schülern nach ethischen Kriterien analysiert werden sollen. Dabei sollte darauf geachtet werden, Spiele auszuwählen, die am meisten in der Klasse verbreitet sind und den Jugendschutzanforderungen der Altersgruppe (USK-Altersfreigabe) der Schülerinnen und Schüler entsprechen. Sollten nicht ausreichend Spiele auszumachen sein, kann auch ein kostenloses Online-Spiel von der Liste „Digitale Spiele“ genommen werden. Entlang der 4-5 Spiele werden Arbeitsgruppen mit jeweils 4-6 Mitgliedern eingerichtet, so dass eine AG jeweils ein Spiel bearbeitet. Zum thematischen Hintergrund steht der Lehrkraft die Information „Wie digitale Spiele Werte transportieren können“ zur Verfügung.

    Die Schülerinnen und Schüler arbeiten nun nach dem Think, Pair, Share-Prinzip: Zunächst arbeiten sie in Einzelarbeit und bekommen als Hausaufgabe den Auftrag, das Spiel zu Hause zu spielen und einen Analysebogen auszufüllen (Think). Das Aufgabenblatt unterstützt die Schülerinnen und Schüler dabei, die Spiele nach ethischen Kriterien zu analysieren. Sie gehen dabei folgenden Fragen nach:

    • Welche Werte und Weltsichten werden in der immersiven Welt des Spiels präsentiert?
    • Welche Handlungen werden mit der Spielmechanik „belohnt“ und nutzen dem Spieler, um weiterzukommen oder zu gewinnen?
    • Wie sind diese Handlungen unter ethischen Gesichtspunkten zu bewerten?
    • Welche Regeln, Umgangs- und Herrschaftsformen herrschen in der Spielwelt und wie sind diese zu bewerten?

    Danach erfolgt der Austausch im Paar: Jeweils zwei Schülerinnen und Schüler, die das gleiche Spiel untersucht haben, stellen sich gegenseitig ihre Analyseergebnisse vor und besprechen, ob die Analyseinstrumente richtig verwendet wurden. Beide sollten anschließend in der Lage sein, das eigene Ergebnis und das des Anderen vorstellen zu können (Pair).

    Im nächsten Schritt verdoppeln (4er-Gruppe) oder verdreifachen (6er-Gruppe) sich die Paare, die das gleiche Spiel untersucht haben. In den Arbeitsgruppen werden die Analyseergebnisse nochmals ausgetauscht. Die AGs haben den Auftrag, auf dieser Basis einen Vortrag oder eine Präsentation zu entwickeln. Neben einer Zusammenfassung der Analyseergebnisse soll auch eine Einschätzung vorgenommen werden, welche Werte das Spiel als nachahmenswert präsentiert (Share).

    Die Vorträge oder Präsentationen werden anschließend von den 4 oder 5 Arbeitsgruppen im Plenum vorgetragen und gemeinsam diskutiert. Im Zentrum der Diskussion steht die Frage,

    • wie die in den Spielen repräsentierten Werte und Identitätsfiguren auf die Spielenden wirken und welchen Einfluss sie ausüben
    • und inwiefern die ethischen Handlungen der Spielerinnen und Spieler in der künstlichen Welt des Spiels sich auf die reale Welt ihres Alltags auswirken.