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Unterrichtsideen

V. Gaming und Glücksmomente: Gefühle und Bedürfnisse in digitalen Spielen

Das Spielgeschehen und erzählerische Elemente digitaler Spiele können sich positiv auf die Befriedigung von Grundbedürfnissen wie Streben nach Autonomie, Kompetenz und sozialer Eingebundenheit auswirken. Kinder und Jugendliche sind von Computerspielen und Games so fasziniert, weil sie in den Spielwelten ihr Handeln frei bestimmen und ihre Fähigkeiten gezielt verbessern können. Es fühlt sich gut an, wenn aktiv in Spielverläufe eingegriffen werden kann und Herausforderungen erfolgreich gemeistert werden. In Game-Communities Freundinnen und Freunde zu finden und gemeinsam zu spielen, kann die Erfahrung bieten, dazuzugehören und anderen wichtig zu sein. Digitale Spiele stimulieren auf diese Weise das Belohnungszentrum der Spielenden, schenken Erfolgserlebnisse und können ein gutes Gefühl geben.

Die hier versammelten Unterrichtsvorschläge haben zum Ziel, bei den Schülerinnen und Schülern eine Auseinandersetzung über das eigene Spielerleben und den damit verbundenen Emotionen anzustoßen. Auf dieser Basis gehen sie der Faszination nach, die Spiele bei ihnen auslösen, reflektieren ihre eigene Mediennutzung und die Bedürfnisse, die dabei im Spiel sind. Dabei wird auch auf mögliche Schattenseiten eingegangen, wie z. B. Gefühle der Ohnmacht oder des Kontrollverlustes bei der Jagd nach Belohnung und Erfolg oder erlebte Verletzungen durch toxische Game-Communities. Schließlich geht es um die Frage, wie ein gesunder Umgang mit digitalen Spielen vor diesem Hintergrund aussehen könnte.

Die Unterrichtsangebote unterstützen Schülerinnen und Schüler dabei, ein tiefes Verständnis für die emotionalen und sozialen Aspekte des Spielens zu entwickeln. Sie bieten Raum für Diskussionen, Reflexionen und die Entwicklung von Strategien für einen verantwortungsvollen Umgang mit digitalen Spielen in einer zunehmend vernetzten Welt.

Kompetenzerwerb im Überblick

Entwickeln und Produzieren
Eine Produktion planen und in verschiedenen Formaten gestalten, präsentieren, veröffentlichen oder teilen.

Gesundheit schützen
Digitale Technologien für soziales Wohlergehen und Eingliederung nutzen

Sicher in digitalen Umgebungen agieren
Risiken und Gefahren in digitalen Umgebungen kennen, reflektieren und berücksichtigen

Medien analysieren und bewerten
Wirkungen von Medien in der digitalen Welt analysieren und konstruktiv damit umgehen

Medien in der digitalen Welt verstehen und reflektierenChancen und Risiken des Mediengebrauchs in unterschiedlichen Lebensbereichen erkennen, eigenen Mediengebrauch reflektieren und ggf. modifizieren

Hinweis: Nähere Informationen zu den Kompetenzbereichen und dem Unterrichtsmaterial finden Sie in der „Didaktischen Landkarte“ im Bereich „Didaktik“. 

Unterrichtsvorschläge

  • 1.) Erlebensformen beim Spielen untersuchen und szenisch darstellen (135 Min. bzw. 3 x 45 Min.)

    Nachdem die Lehrkraft einen kurzen Überblick zum Unterrichtsthema gegeben hat werden die Schülerinnen und Schüler nach ihren Lieblingsspielen gefragt und welchem Spiel-Genre sie diese jeweils zuordnen würden. Als Basis steht ihnen eine Vorlage zur Verfügung, in der die Spiel-Genres in einer Übersicht beschrieben sind. In diesem Kontext werden sie nach ihren Spielerlebnissen gefragt und möglichen Unterschieden je nach Spiel-Genre. Bereits hier können in einer ersten Annäherung an das Unterrichtsthema die verschiedenen Erlebensformen und Emotionen zur Sprache kommen, die die Schülerinnen und Schüler in ihrer eigenen Spielpraxis erfahren haben.

    Die Klasse wird nun in Arbeitsgruppen mit 4-6 Schülerinnen und Schüler eingeteilt. Jede Kleingruppe untersucht 1-2 Spiele eines bestimmten Spiel-Genres – dabei wird davon ausgegangen, dass pro Spiel-Genre ähnliche Erlebensformen während des Spielens eine Rolle spielen und daher die Bearbeitung auch von mehreren Spielen des gleichen Genres Sinn machen kann. Darüber hinaus werden möglichst die Spiele ausgewählt, die von den Schülerinnen und Schülern als Lieblingsspiele genannt wurden und mit denen sie bereits eigene Erfahrungen gemacht haben. Sollten die Spielerfahrungen in der Klasse sehr heterogen sein, kann zunächst auch eine Vorselektion für die Einteilung der Kleingruppen hilfreich sein, indem sich die Schülerinnen und Schüler a) hinsichtlich ihrer Spielpräferenz und b) hinsichtlich ihrer Spielerfahrungen in Ecken des Klassenraumes positionieren: z. B. Mobile Games, PC-Games und Konsolen-Games. Die deutlich gewordenen Präferenzen und Erfahrungen können anschließend bei der Einteilung der Arbeitsgruppen berücksichtigt werden.

    Zunächst tauschen sich die Mitglieder der Arbeitsgruppe zu ihren Spielerlebnissen aus, die sie mit dem jeweiligen Spiel gemacht haben. Das Aufgabenblatt „Erlebensformen bei Spielen untersuchen“ leitet sie hierbei mit Fragen durch unterschiedliche Aspekte:

    • In welcher Stimmung befinden sich die Schülerinnen und Schüler, wenn sie das Spiel spielen? Welche Gefühle kommen beim Spielen auf?
    • Sind sie eher aufgeregt und angespannt oder eher entspannt und ruhig?
    • Sind sie völlig im Flow und vergessen alles um sie herum?
    • Fühlen sie sich eher stark und gut oder eher unsicher und überfordert?
    • Müssen sie oft lachen und empfinden Freude oder sind sie „auf der Hut“ und müssen aufpassen, dass sie nicht verlieren?
    • Wie erleben sie die Kommunikation in den Game-Communities und Chats? Eher entspannt und freundlich oder eher gemein und gehässig?

    Die Schülerinnen und Schüler diskutieren diese Fragen und schreiben ihre Antworten in ihr Aufgabenblatt.

    Die Arbeitsgruppen haben anschließend die Aufgabe, zu den explizierten Erlebensformen und Emotionen ein Standbild zu entwickeln. Standbilder sind eine Kurzform des Rollenspiels, durch die Situationen und Gefühle bildlich dargestellt werden. Durch Körperhaltung, Mimik und Gesten können Stimmungen und Erleben szenisch ausgedrückt werden. „Regisseure“ modellieren dazu Schritt für Schritt aus den Körpern der „Darsteller“ ein „eingefrorenes“ Bild. Die Darsteller nehmen dabei wie bewegliche Puppen die Position, Haltung und Mimik ein, die ihnen von den Regisseuren gegeben wird. Mit der szenischen Darstellung kann das Spielerlebnis noch einmal auf eine direktere, nicht nur rein intellektuelle Weise ausgedrückt und nachvollzogen werden und ermöglicht so ein tieferes Verständnis der verschiedenen Erlebensformen beim Spielen und die sie begleitenden Emotionen. Den Schülerinnen und Schülern werden in ihrem Aufgabenblatt Tipps und Anregungen zur praktischen Umsetzung ihres Standbildes gegeben. In den Arbeitsgruppen proben sie die Aufführung ihres Standbildes, bevor sie es vor der gesamten Klasse darstellen.

    Schließlich präsentieren die Arbeitsgruppen ihre Standbilder (3 Min. pro Standbild) im Plenum. Nachdem die Arbeitsgruppen ihre Standbilder präsentiert haben, kommt es zu einer gemeinsamen Auswertungs- und Reflexionsrunde, die von der Lehrkraft moderiert wird. Die verschiedenen Standbilder werden bewertet, inwiefern sie nachvollziehbar, stimmig und verständlich waren. Vor diesem Hintergrund werden die verschiedenen Erlebensformen und Emotionen, die die Schülerinnen und Schüler beim Spielen haben, besprochen. Anschließend wird gemeinsam ein Resümee gezogen und folgenden Fragen nachgegangen:

    • Wie sind die verschiedenen Stimmungen, Gefühle und Erlebnisformen bei digitalen Spielen einzuschätzen? Was ist gut, was ist schlecht?
    • Warum sind Spiele manchmal so interessant oder erfüllend?
    • Wobei können Spiele helfen? Welche Bedürfnisse können während des Spiels befriedigt werden? Und wie ist das zu bewerten? 
  • 2.) Eigene Videos erstellen: Faszination Gaming (180-225 Min. bzw. 4-5 x 45 Min.)

    In diesem Unterrichtsangebot erstellen die Schülerinnen und Schüler ein kurzes Video zu einem Spiel, das sie gerne spielen und sie fasziniert. Das Filmemachen wird als motivierendes Mittel genutzt, um Reflexionsprozesse bei den Schülerinnen und Schülern anzustoßen. In dem Video soll

    • das Spiel kurz erklärt werden (Spielinhalt, Spielgenre, Spielmechanik, Spieldramaturgie etc.)
    • erläutert werden, was die Schülerinnen und Schüler an dem Spiel besonders fasziniert, was sie an ihm schätzen und
    • erläutert werden, worauf man achten sollte, wenn man das Spiel spielt.

    Zum letzten Punkt sollten auch mögliche Risiken oder negative Aspekte thematisiert werden, wie z. B. starke Kaufanreize/In-Game-Käufe, Druck zum Vielspielen oder „toxische“ Game-Communities.

    Zunächst werden Spiele gesammelt, die die Schülerinnen und Schüler gerne spielen. Auf dieser Basis werden 4-5 Spiele für Filmteams ausgewählt, die die meisten kennen. Dabei muss die Lehrkraft sicherstellen, dass die ausgewählten Spiele keine problematischen Inhalte enthalten. Die Spiele sollten eine zum Alter der Schülerinnen und Schüler passende Altersfreigabe der USK haben. Weitere Informationen zu den Spielinhalten können auch kurz beim Spieleratgeber-NRW (https://spieleratgeber-nrw.de/) oder bei Spielbar.de recherchiert werden.

    Jeweils zu einem Spiel erstellt ein Filmteam ein kurzes Video (Länge: max. 2 Min.). In dem jeweiligen Filmteam diskutieren und beantworten die Schülerinnen und Schüler zunächst die Fragen des Aufgabenblattes „Faszination Gaming – TikTok-Clips erstellen“. Die Fragen regen eine Auseinandersetzung zu den oben genannten Aspekten an. Auf dieser Basis erstellen sie ein Konzept und ein Storyboard sowie einen Drehplan für ihr Video. Für die Konzeptionsphase stehen den Filmteams maximal 45 Minuten zur Verfügung. Sie erhalten die Anregung mit einem „Präsentator“ oder mehreren „Präsentatoren“ zu arbeiten, die vor der Kamera durch das Thema führen und einzelne Aspekte erläutern. Diese Aufnahmen können mit illustrativen Bildaufnahmen (z. B. Bilder aus dem Spiel, Overshoulder beim Spielen, Monitoraufnahmen vom Spielprozess etc.) gegengeschnitten werden. Für den Dreh und den Schnitt erhalten die Schülerinnen und Schüler hilfreiche Tipps und Anleitungen in ihrem Aufgabenblatt. Die Mitglieder der Filmteams können je nach Neigung und Interesse auch unterschiedliche Rollen einnehmen, um die Motivation aller Beteiligten sicherzustellen: Regisseurin/Regisseur, Kameramann oder -frau, Schaupielerin oder Schauspieler, Sprecherin oder Sprecher u.a. Sollten einige Filmteams erheblich schneller als die anderen fertig sein, erhalten sie als Zusatzaufgabe, ein Filmplakat für ihr Video zu erstellen.

    Die Videos der Filmteams werden schließlich im Plenum gezeigt. Anschließend werden folgende Fragen besprochen:

    • Was an den Videos ist gelungen? Was nicht?
    • Sind die im Video geschilderten Erfahrungen und Beweggründe nachvollziehbar?
    • Wird in den Videos deutlich, was die Faszination des Spieles für die Spieler ausmacht? Werden die Gründe deutlich, warum das Spiel Spaß macht? Gibt es weitere Gründe, warum ein Spiel Spaß machen kann?
    • Werden mögliche negative Aspekte oder Risiken benannt? Gibt es weitere Risiken oder negative Aspekte, die noch nicht genannt wurden?

    Schließlich wird noch einmal gemeinsam Resümee gezogen und der Frage nachgegangen:

    • Warum spielt man Games?
    • Welche Bedürfnisse werden damit befriedigt?
    • Und angesichts der genannten Risiken: Was wäre ein gesunder Umgang mit digitalen Spielen?

    Hinweis: Bei der Erstellung der Videos kann auch auf die medienpädagogische Unterstützung der Medienprojektzentren Offener Kanal (MOK) der Medienanstalt Hessen zurückgegriffen werden. Die Medienprojektzentren können gegebenenfalls auch erforderliches Kameraequipment zur Verfügung stellen oder bieten Workshops zum Erstellen von eigenen Kurzfilmen an. Weitere Informationen: www.medienanstalt-hessen.de/medienprojektzentren-offener-kanal/

  • 3.) Gaming und Glück in Zeiten der Klimakrise (45-90 Min. bzw. 1-2 x 45 Min.)

    Unterrichtsangebot für leistungsstarke Schülerinnen und Schüler

    In dieser Unterrichtseinheit geht es um die Frage, wie digitale Spiele in Krisenzeiten zur Resilienz beitragen und das persönliche Wohlbefinden fördern können. In den vergangenen Jahren haben die Potenziale digitaler Spiele zur Förderung der Resilienz eine wachsende Aufmerksamkeit in wissenschaftlichen und bildungspolitischen Diskursen erfahren. Spiele bieten direktes Feedback, können das Verständnis von Ursache-Wirkungs-Zusammenhängen fördern und als Rückzugsorte dienen, die emotionale Stabilität und soziale Interaktionen ermöglichen. An diese Möglichkeiten knüpft sich die Hoffnung, dass digitale Spiele vor allem in Krisenzeiten wie der Klimakrise, nützlich sein können, um psychische Belastungen zu bewältigen und zukünftige Herausforderungen besser zu meistern. Diese Diskussion wird hier aufgegriffen und zum Gegenstand eines philosophischen Gesprächs mit den Schülerinnen und Schülern über Gaming und Glück in Zeiten der Klimakrise gemacht.

    Das philosophische Gespräch hat zum Ziel, dass sich die Schülerinnen und Schüler mit den formulierten Thesen zu den Möglichkeiten digitaler Spiele aus der Perspektive ihrer eigenen Erfahrungen kritisch auseinandersetzen und zu einem reflektierten Urteil darüber gelangen.

    Philosophische Gespräche mit Jugendlichen sind ein besonders geeignetes Format, wenn es um die Förderung von Reflexionsfähigkeit geht. Dabei geht es nicht nur um den Erwerb von Wissen, sondern um den Prozess des Nachdenkens über verschiedene Antwort-, Interpretations- und Deutungsmöglichkeiten. Ausgangspunkt des Gesprächs sind die lebensweltlichen Erfahrungen der Jugendlichen, das Miteinander-Denken und die Vorläufigkeit möglicher Antworten, weil der Prozess des Selbstdenkens im Vordergrund steht. Die Lehrkraft stellt Fragen, reformuliert die Fragen der Schülerinnen und Schüler mit eigenen Worten und trägt Gedanken bei, die keine abschließenden Antworten geben. Dies unterstützt die Schülerinnen und Schüler, eine differenzierte und eigenständige Haltung zum Thema zu entwickeln.

    Zur eigenen Vorbereitung steht der Lehrkraft die Information: „Mit Games zur Resilienz“ zur Verfügung. Für die Schülerinnen und Schüler sind zentrale Thesen des Textes in zugespitzter Form in der Vorlage „Games, Klimakrise und Glück“ zusammengefasst. In der Vorlage sind auch kurze Videos zu den in der Vorlage erwähnten Spielen mit Links aufgeführt. Die Videos ermöglichen einen kurzen Einblick in die Spiele, falls diese nicht bekannt sind.

    Die Schülerinnen und Schüler lesen die Vorlage und machen sich Notizen zu den zentralen Aussagen des Textes. Anschließend besteht die Möglichkeit, Verständnisfragen mit der Lehrkraft zu klären.

    Auf dieser Basis kann nun das philosophische Gespräch beginnen. Es wird zunächst mit der grundlegenden Frage nach dem persönlichen Verständnis der Schülerinnen und Schüler von „Glück“ eingeleitet. Auf die hierbei geäußerten Vorstellungen kann im laufenden Gespräch immer wieder Bezug genommen werden. Anschließend können folgende Fragen das gemeinsame Nachdenken anregen:

    • Teilt ihr die Einschätzung, dass digitale Spiele das Umweltbewusstsein der Spielenden fördern können? Habt ihr das schon einmal selbst erfahren? Oder wird der Einfluss der Spiele auf die Spielenden überschätzt?
    • Games sollen bei Angst und Stress wegen der Klimakrise helfen: Könnt ihr das nachvollziehen? Habt ihr selbst schon ähnliche Erfahrungen gemacht? Haben euch die Erfolgserlebnisse beim Spielen geholfen, besser mit schlechten Gefühlen umzugehen? Wie und warum? Oder warum nicht?
    • Glaubt ihr, dass digitale Spiele in Zukunft noch besser Umweltbewusstsein und Wohlbefinden fördern können? Welche Entwicklungen seht ihr kommen?

    Schließlich kann resümierend zu folgenden Fragen übergeleitet werden:

    • Machen Games glücklich? Auch in Zeiten der Krise?
    • Können sie wichtige Fähigkeiten für die Herausforderungen der Zukunft vermitteln? Welche?
    • Was brauchen wir noch, um glücklich zu sein?