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Unterrichtsideen

III. Alterskennzeichnung von digitalen Spielen: Eigenverantwortliche und gemeinschaftsfähige Entwicklung von Jugendlichen

Die Alterskennzeichnung von digitalen Spielen ist von erheblicher Bedeutung für die geistige und soziale Entwicklung von Kindern und Jugendlichen. Durch die Kennzeichnung können Kinder und Jugendliche nicht nur vor potenziell schädlichen Inhalten wie Gewalt, Diskriminierung oder unangemessenen sexuellen Darstellungen geschützt werden, sondern es wird auch ihr Bewusstsein und die Fähigkeit gefördert, Medien kritisch zu analysieren und verantwortungsbewusst zu konsumieren.

In Deutschland übernimmt die Unterhaltungssoftware Selbstkontrolle (USK) bei der Alterskennzeichnung eine zentrale Rolle. Die USK ist als Selbstkontrolle staatlich anerkannt und ist eine freiwillige Einrichtung der Games-Branche. Sie stellt sicher, dass Spiele, die geeignet sind, „die Entwicklung von Kindern und Jugendlichen oder ihre Erziehung zu einer eigenverantwortlichen und gemeinschaftsfähigen Persönlichkeit zu beeinträchtigen“ (Jugendschutzgesetz), entsprechend gekennzeichnet sind. Diese Kennzeichnungen basieren auf den Grundwerten des Grundgesetzes, insbesondere dem Schutz der Menschenwürde (Artikel 1, Absatz 1 des Grundgesetzes). Sie sollen nicht nur gesetzlichen Vorgaben entsprechen, sondern auch aktiv zur Förderung und zum Schutz der geistig-seelischen Entwicklung unserer Kinder beitragen.

In dieser Unterrichtseinheit werden die Jugendlichen ermutigt, ihre eigenen Vorstellungen einer „eigenverantwortlichen und gemeinschaftsfähigen Persönlichkeit" zu entwickeln. Auf dieser Basis können sie potenziell beeinträchtigende Inhalte in digitalen Spielen erkennen und verstehen lernen, warum Alterskennzeichnungen eine wichtige Rolle spielen. Sie analysieren gemeinsam konkrete Spiele und wenden selbst erarbeitete Kriterien für die Alterskennzeichnung an. Die Ergebnisse werden mit den offiziellen Bewertungen der USK verglichen und kritisch diskutiert. Darüber hinaus werden nicht nur die Vorgehensweise der USK beleuchtet, sondern es werden auch alternative Bewertungssysteme wie die Pan-European Game Information (PEGI) oder der Pädagogische Medienpreis (Pädi) in den Blick genommen. Die Schülerinnen und Schüler können so ein umfassendes Verständnis für die Wichtigkeit von Spielebewertungen und Alterskennzeichnungen entwickeln und werden zugleich für möglicherweise beeinträchtigende Spielinhalte – auch in ihrer eigenen Spielpraxis – sensibilisiert.

Kompetenzerwerb im Überblick

Sicher in digitalen Umgebungen agieren
Risiken und Gefahren in digitalen Umgebungen kennen, reflektieren und berücksichtigen

Medien analysieren und bewerten
Wirkungen von Medien in der digitalen Welt analysieren und konstruktiv damit umgehen

Medien in der digitalen Welt verstehen und reflektieren
Chancen und Risiken des Mediengebrauchs in unterschiedlichen Lebensbereichen erkennen, eigenen Mediengebrauch reflektieren und ggf. modifizieren

Hinweis: Nähere Informationen zu den Kompetenzbereichen und dem Unterrichtsmaterial finden Sie in der „Didaktischen Landkarte“ im Bereich „Didaktik“.

Mögliche Weiterführung des Themas

Für die Weiterführung und Vertiefung der Themenaspekte Jugendmedienschutz und Altersfreigaben stehen ihnen Unterrichtsideen aus anderen Medienpaketen der Schule des Hörens und Sehens zur Verfügung:

Was darf ein Kind? Veränderungen im Bild vom Kind
www.medienschutz.schule-des-hoerens-und-sehens.de/unterricht/i-was-darf-ein-kind

Schätz mal ein: Wie weh tut es? Gewaltformen unterscheiden und mediale Bedrohungen abschätzen
www.medienschutz.schule-des-hoerens-und-sehens.de/unterricht/iii-schaetz-mal-ein-wie-weh-tut-es

Unterrichtsvorschläge

  • 1.) Grundlagen der Alterskennzeichnung (90 - 135 Min. bzw. 2 - 3 x 45 Min.)

    In diesem Unterrichtsangebot geht es um die Grundlagen der Alterskennzeichnung von digitalen Spielen: Die Alterskennzeichnung hat das Ziel, eine Beeinträchtigung des Entwicklungsziels junger Menschen – das als „eigenverantwortliche und gemeinschaftsfähige Persönlichkeit“ umschrieben wird – zu vermeiden. Spiele, die in der Lage sind, dieses Entwicklungsziel bei Kindern und Jugendlichen zu beeinträchtigen, werden von der USK mit einer entsprechenden Alterskennzeichnung versehen. Insofern stellen die genannten Entwicklungsziele und deren mögliche Beeinträchtigung die Grundlage der Alterskennzeichnung dar.

    Zur Einstimmung in das Thema spielen die Schülerinnen und Schüler das Online-Quiz „Online-Spiele – sicher spielen im Internet“. Hier können sie ihr Wissen über Spiele im Internet, Risiken und Altersfreigaben von Spielen testen.

    Die Schülerinnen und Schüler erhalten anschließend eine Vorlage, in der auf einer generellen Ebene die wichtigsten Begründungszusammenhänge der Alterskennzeichnung erläutert werden. Sie haben zunächst die Aufgabe, die Vorlage zu lesen und Verständnisfragen zu formulieren. Die offenen Fragen werden gemeinsam mit der Lehrkraft im Plenum geklärt.

    Ausgehend von ihren eigenen Lebenserfahrungen werden mit den Schülerinnen und Schülern anschließend folgende Fragestellungen in einem Dialog vertieft:

    • Was bedeutet „eigenverantwortliche und gemeinschaftsfähige Persönlichkeit“?
    • Durch was kann die Entwicklung hin zu einer „eigenverantwortlichen und gemeinschaftsfähigen Persönlichkeit“ beeinträchtigt werden?

    Der Dialog wird im im Fishbowl-Format durchgeführt. Hierbei wird ein innerer Stuhlkreis mit ca. einem Drittel der Schülerinnen und Schüler und ein äußerer Kreis mit den restlichen Schülerinnen und Schülern eingerichtet. Die Teilnehmer des Innenkreises nehmen aktiv an dem Gespräch teil, die des äußeren Kreises hören zunächst zu und können dann jederzeit in den Innenkreis wechseln, wenn sie aktiv an dem Dialog teilnehmen möchten. Hierfür treten sie hinter eine Person des Innenkreises und tippen ihr auf die Schulter. Diese Person macht dann den Platz frei und wechselt in den Außenkreis. Die Lehrkraft sollte dabei darauf achten, dass nicht nur eine kleine, feste Gruppe von Schülerinnen und Schülern im Innenkreis aktiv ist.

    Das Gespräch wird mit einem Redestein bzw. Redestab geführt, d.h. nur die Person spricht, die den Stein oder Stab in der Hand hält. Anschließend legt sie ihn wieder in die Mitte zurück, so dass eine andere Person ihn dort nehmen und sprechen kann. Dies verlangsamt das Gespräch und es entsteht mehr Raum für achtsames Zuhören und konzentriertes Nachdenken. Um eine dialogische Kommunikation zu unterstützen, können drei zentrale Gesprächsregeln für den Dialog (Vorlage „Dialog-Regeln“) für alle sichtbar ausgelegt werden. Die Lehrkraft sollte hierbei die Regeln verlesen und kurz erläutern, auf was es in einem Dialog ankommt: Aufmerksam zuhören, den anderen verstehen wollen und nicht bewerten, miteinander und nicht gegeneinander sprechen, von den eigenen Erfahrungen ausgehen und respektvoll miteinander umgehen.

    Folgende Fragen können das Gespräch anregen:

    • Was bedeutet es aus eurer Sicht, wenn ein Mensch „eigenverantwortlich“ ist? Könnt ihr Beispiele nennen?
    • Was wäre denn das Gegenteil von „eigenverantwortlich“?
    • Wer von euch würde sich denn als „eigenverantwortlich“ bezeichnen? Warum? Warum nicht?
    • Was bedeutet es eurer Meinung nach, wenn ein Mensch „gemeinschaftsfähig“ ist? Könnt ihr Beispiele nennen?
    • Was wäre denn das Gegenteil von „gemeinschaftsfähig“?
    • Wer von euch würde sich denn als „gemeinschaftsfähig“ bezeichnen? Warum? Warum nicht?

    In einer zweiten Runde können mögliche Entwicklungsbeeinträchtigungen in den Blick genommen werden. Dabei kann das Gespräch durch folgende Fragen angeregt werden:

    • Was meint ihr: Welche Erfahrungen könnten dazu führen, dass junge Menschen es schwerer haben, sich zu einer eigenverantwortlichen und gemeinschaftsfähigen Person zu entwickeln?
    • Welche Inhalte oder Funktionen in einem Spiel könnten junge Spielende in ihrer Entwicklung negativ beeinflussen?
    • Welche Rolle spielt das Alter der Spielenden dabei?

    Die Auseinandersetzung im Dialog ermöglicht den Schülerinnen und Schüler eine eigene Vorstellung darüber zu entwickeln, was eine „eigenverantwortliche und gemeinschaftsfähige Persönlichkeit“ bedeuten und durch was dieses Entwicklungsziel möglicherweise beeinträchtigt werden könnte. Während des Gesprächs kann die Lehrkraft für alle sichtbar die im Gespräch aufkommenden Bewertungskriterien und Kategorien, die für das Risiko einer Entwicklungsbeeinträchtigung sprechen, auf ein Plakat oder das Smartboard schreiben. Die Schülerinnen und Schüler verfügen damit über ein kategoriales Grundgerüst, dass ihnen behilflich bei der Einschätzung möglicher Entwicklungsbeeinträchtigungen durch digitale Spiele sein kann.

  • 2.) Weiterführung: Spiele bewerten und selbst Alterskennzeichen vergeben (135 Min. bzw. 3 x 45 Min.)

    Die zuvor mit den Schülerinnen und Schülern entwickelten Bewertungskriterien und Kategorien für mögliche Entwicklungsbeeinträchtigungen werden nun praktisch angewendet, indem sie selbst digitale Spiele analysieren und eine Alterskennzeichnung vornehmen.

    Hierfür werden die Schülerinnen und Schüler entlang der Spiele „Minecraft“, „Die Sims 4“, „EA Sports FC 24“ sowie „Fortnite“ in Arbeitsgruppen eingeteilt. Laut JIM-Studie sind dies die populärsten Spiele unter Jugendlichen, daher ist davon auszugehen, dass zu jedem Spiel ausreichend Schülerinnen und Schüler in der Klasse sind, die über praktische Spielerfahrungen mit diesen Spielen verfügen und die Spiele aus eigener Anschauung kennen. Gegebenenfalls können die spielerfahrenen Schülerinnen und Schülern anderen, die das entsprechende Spiel noch nicht kennen, wesentliche Eigenschaften des Spiels erklären, so dass alle mitreden und -arbeiten können. Darüber hinaus stehen den Schülerinnen und Schülern Videos zur Verfügung, die einen Eindruck von den Spielen geben können. Das Aufgabenblatt „Alterskennzeichnung vornehmen und begründen“ enthält Aufgaben und Anleitungen für alle Arbeitsphasen der AGs. Der Lehrkraft stehen Beschreibungen der vier Spiele als Hintergrundinformation zur Verfügung (Information für die Lehrkraft: Informationen zu den Spielen“).

    (Bitte beachten Sie, dass Ihre Schülerinnen und Schüler das entsprechende Mindestalter erreicht haben müssen: Die Spiele „EA Sports FC 24“ und „Fortnite“ haben eine USK-Altersfreigabe ab 12 Jahren, die Spiele „Minecraft“ und „Die Sims 4“ ab 6 Jahren.)

    Vor dem Hintergrund ihrer eigenen Spielerfahrungen und -kenntnisse erörtern die Schülerinnen und Schüler in den AGs zunächst die wesentlichen Inhalte und Funktionen des jeweiligen Spiels, das sie untersuchen. Hierbei kann auch das Video zum Spiel betrachtet werden. Auf dieser Basis versuchen sie in einem ersten Schritt Eigenschaften des Spiels zu identifizieren, die relevant für mögliche Entwicklungsbeeinträchtigungen sein können. In einem zweiten Schritt versuchen die AGs nun konkret zu benennen, inwiefern die identifizierten Eigenschaften des Spiels möglichweise einen negativen Einfluss auf die Entwicklung eines jungen Menschen haben könnte. Hierbei machen sie sich auch Gedanken über das Alter eines Menschen, in dem diese Eigenschaften entwicklungsbeeinträchtigend sein können und erarbeiten einen begründeten Vorschlag für eine Alterskennzeichnung.

    Die AGs stellen anschließend ihre Ergebnisse im Plenum vor und es wird gemeinsam diskutiert, inwiefern die jeweilige Alterskennzeichnung schlüssig und angemessen ist. Hierbei wird noch nicht auf die offiziellen Alterskennzeichen der USK Bezug genommen, im Vordergrund steht zunächst die Konsistenz der Begründungen und Einschätzungen der Schüler und Schülerinnen, die sie auf Basis ihrer eigenen Erfahrungen vorgenommen haben. Die Konfrontation der Einschätzungen der Schülerinnen und Schüler mit den Alterskennzeichen und Begründungen der USK kann dann im folgenden Unterricht vorgenommen werden.

  • 3.) Weiterführung: Die USK und der Sinn von Alterskennzeichen

    Zu Beginn schaut sich die Klasse das Video „Wer legt die Altersempfehlung für PC-Spiele fest?“ an. In dem Film werden die Unterhaltungssoftware Selbstkontrolle (USK) und ihre Verfahren der Spieleprüfung und Alterskennzeichnung vorgestellt. Da in dem Video das Kriterium der Entwicklungsbeeinträchtigung junger Menschen nur implizit eine Rolle spielt – z. B. bei der Schilderung von negativen Wirkungen, die Spiele für bestimmte Altersgruppen haben können – haben die Schülerinnen und Schüler in einem anschließenden Unterrichtsgespräch nun die Möglichkeit, das bisher Erlernte zum Thema „Entwicklungsbeeinträchtigung“ anzuwenden und gemeinsam zu explizieren, inwiefern dieses Kriterium im Prüfverfahren der USK von Bedeutung ist.

    Anschließend kann zu den vier Spielen – „Minecraft“, „Die Sims 4“, „EA Sports FC 24“ und „Fortnite“ – übergeleitet werden, die die Schülerinnen und Schüler in den Arbeitsgruppen bearbeitet haben. Die Alterskennzeichen und Begründungen der Schülerinnen und Schüler werden nun mit den offiziellen Alterskennzeichen der USK für das jeweilige Spiel verglichen. Die Arbeitsgruppen haben die Aufgabe, ein Plakat zu den Gemeinsamkeiten und Unterschieden in der Begründung – ihrer eigenen und die der USK – für die Alterskennzeichnung zu erstellen. Sofern entsprechende Lizenzen vorhanden sind und eine datenschutzkonforme Nutzung möglich ist, kann die Lehrkraft die Schülerinnen und Schüler auch ein digitales Plakat mit Präsentationsprogrammen wie „Prezi“ oder „Padlet“ erstellen lassen. Für die Erstellung des Plakats erhalten die AGs eine Vorlage mit einer generellen Übersicht zu den Bewertungskriterien der USK für die Altersfreigaben sowie eine Vorlage mit den Alterskennzeichen der USK und der jeweiligen Begründung für die Altersfreigabe ihres Spiels. Ein Aufgabenblatt leitet sie an, zu untersuchen, inwiefern die Begründung der USK von ihrer Begründung abweicht. Gemeinsam besprechen sie, ob und inwiefern die ggf. abweichenden Begründungen und Kennzeichnungen für sie nachvollziehbar sind und dokumentieren ihre Bewertung auf ihrem Plakat. In diesem Zusammenhang sollen die Schülerinnen und Schüler auch Stellung zu alternativen Bewertungssystemen – der Pan-European Game Information (PEGI) sowie dem Pädagogischen Medienpreis (Pädi) – nehmen und dies auf ihrem Plakat dokumentieren. Hierfür erhalten sie die Vorlage „Alternative Bewertungssysteme“ mit Hintergrundinformationen.

    Im Plenum stellen die vier AGs ihre Plakate vor und erläutern ihre Stellungnahme. Hieran schließt sich eine resümierende Diskussion mit folgenden Fragestellungen an:

    • Stimmt es, dass digitale Spiele für bestimmte Altersgruppen „entwicklungsbeeinträchtigend“ sein können?
    • Sind Alterskennzeichen für Spiele sinnvoll? Warum oder warum nicht? Was gibt es für mögliche Pro- und Contra-Argumente und was ist von ihnen zu halten?